Das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten (ERV-FördG) ist am 16.10.2013 verkündet worden (BGBl I 13, 3786).

beA live auf dem Anwaltstag in Berlin

Anwaltspostfach beA live auf dem Anwaltstag 2016 in Berlin

Wach werden. Das beA startet am 29.9.2016

Wach werden - beA kommt

Wach werden – beA kommt

Fast zweitausend Teilnehmer waren letzte Woche auf dem 67. Deutschen Anwaltstag in Berlin zum Fortbilden und Netzwerken versammelt.

Auch das besondere elektronische Anwaltspostfach beA war in aller Munde, der Deutsche Anwaltverein rüttelte die Teilnehmer mit Energiedrinks wach und auf dem Stand der BRAK konnten interessierte Besucher auf der AdvoTec das beA live in Augenschein nehmen. Rechtsanwalt Christopher Brosch und Hannes Müller von der BRAK standen den Fragenden Rede und Antwort.

Die BRAK hat den Referenten der ARGE DAV-IT zu ihrem Vortrag

Ole Bertram: Aktueller Status zum beA – Einführung, nächste Schritte, Ausblick

Ilona Cosack: beA – Beginn einer neuen Ära in der Kanzlei: Pflicht oder Kür?
Praktische Tipps, damit die Umsetzung gelingt

Rechtsanwalt und Mediator Dr. Thomas Lapp: Advocatus beAtus – das besondere elektronische Anwaltspostfach rechtssicher in der Praxis nutzen

Nachrichtenfenster beA

 

 

Screenshots der derzeitigen Testversion zur Verfügung gestellt.

Nach heutiger Auskunft der Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer werden die bislang bestellten beA-Karten aktuell ausgeliefert. Ab Mitte Juli können die Signaturzertifikate auf die Karten geladen werden.

Alle stehen quasi in den Startlöchern.

 

 

beA hält ihn auf Trab: Interview mit Rechtsanwalt und Notar Andreas Kühnelt

Anwaltspostfach beA im Test

Testen, testen, testen: beA hält ihn auf Trab

Interview mit Rechtsanwalt und Notar Andreas Kühnelt*

Rechtsanwalt und Notar Andreas Kühnelt

Rechtsanwalt und Notar Andreas Kühnelt

*Rechtsanwalt seit 1989 und Notar seit 1996, Fachanwalt für Erbrecht und Mediator, ist von Beginn an Mitglied im Ausschuss der BRAK für den Elektronischen Rechtsverkehr. Bereits 2006 hat er die Einführung des EGVP bei den Notaren begleitet ist. Als Pionier und Referent hat er Zugang zum beA-Testsystem und verrät Ilona Cosack, worauf die Kollegen sich einstellen müssen.

160429 beA – Interview mit Rechtsanwalt und Notar Andreas Kühnelt

Screenshot beA Rechte-Vergabe an Mitarbeiter

Screenshot beA Rechte-Vergabe an Mitarbeiter

Ilona Cosack:

Herr Kühnelt, Sie hatten schon vor dem Boxenstopp Zugang zum beA-Testsystem und sind den Kollegen mehr als eine Nasenlänge voraus. Jetzt konnten Sie in Berlin das Ergebnis der Nachbesserung in Augenschein nehmen. Wie hat beA sich verändert?

Andreas Kühnelt:

beA ist etwas runder geworden und hat an Stabilität gewonnen. Einige Funktionalitäten sind von der Bedienbarkeit geändert, auch die Performance hat sich deutlich verbessert. Ich bin positiv gestimmt, dass es technisch funktioniert.

Ilona Cosack:

Wie sieht es mit der Integration des beA in die Anwaltssoftware aus? Ein Großteil der Kollegen will das beA aus der Anwaltssoftware heraus nutzen, man hört jedoch, dass hier immer noch Informationen fehlen.

Andreas Kühnelt:

Die Anwaltssoftware-Hersteller wissen noch nicht, welche Daten geliefert werden, daher wird sich die Integration des beA in die Softwareumgebung verzögern, es sind noch technische Fragen der Verschlüsselung und der Signatur zu klären.

Ilona Cosack:

Sie nutzen in Ihrer Kanzlei seit vielen Jahren auch das EGVP. Zum 1. Oktober 2016 soll das EGVP nach derzeitigem Kenntnisstand endgültig abgeschaltet werden. Schafft beA einen nahtlosen Übergang?

Andreas Kühnelt:

Man munkelt, dass das EGVP verlängert werden soll. Krisenthema ist der Mahnbescheid. Hier will sicher keine Kanzlei mehr den Rückschritt zum Barcode-Mahnverfahren gehen. Als Alternative kann bereits jetzt der Communicator genutzt werden, der auch über den 1. Oktober 2016 hinaus verwendet werden kann.

Ilona Cosack:

Herr Kühnelt, in Ihrer Kanzlei sind über zwanzig Berufsträger tätig. Gibt es in Ihrer Kanzlei noch Papier und Papierakten?

Andreas Kühnelt:

Es ist gemischt. Wir versuchen, die Papierakten auf ein Minimum zu reduzieren. Alle Inhalte liegen elektronisch vor, aber den Prozessrechtlern fällt es schwer, sich vom Papier zu trennen. Wir arbeiten mit zwei Bildschirmen, das erleichtert die Umgewöhnung.

Ilona Cosack:

Viele Anwälte stehen dem ERV und beA ja eher skeptisch gegenüber. Mit welchen Argumenten überzeugen Sie Ihre Kollegen?

Andreas Kühnelt:

Der Druck kommt von den Mitarbeitern. In zehn Jahren wird beA so selbstverständlich sein, wie heutzutage Fax. Als wir 1995 in meiner Kanzlei einen elektronischen Kalender eingeführt haben, gab es einen Aufschrei bei den Kollegen und Misstrauen gegenüber der Technik. Können wir immer darauf vertrauen, dass Papier bei Gericht ankommt? Letztlich muss man auch der Technik vertrauen.

Ilona Cosack:

Zeitgleich mit beA kommt ja auch beN, das besondere elektronische Notarpostfach. Was erwartet die Anwaltsnotare und Notare in dieser Hinsicht?

Andreas Kühnelt:

beN schleicht sich langsam ein, quasi durch die Hintertür. Es nutzt eine andere Verschlüsselungstechnik und anders als bislang beim beA geplant, kann auch die Beteiligtenkommunikation über beN geführt werden.

Ilona Cosack:

Das ist ein gutes Stichwort. Bislang ist die Mandantenkommunikation bei beA außen vor, so dass Anwälte zwar mit den Gerichten und Kollegen und auch der RAK kommunizieren können, für die Information an den Mandanten entweder wieder auf die unsichere E-Mail oder andere, zusätzliche, Möglichkeiten angewiesen sind.

Andreas Kühnelt:

Es gibt auch Überlegungen, das beA mandantentauglich zu machen. Zum beA-Start am 29. September 2016 wird diese Version noch nicht zur Verfügung stehen.

Ilona Cosack:

Welche Tipps geben Sie Ihren Kollegen, damit die Einführung des beA gelingt?

Andreas Kühnelt:

Einfach üben. Jeder, der mit einem Computer umgehen kann, kann auch mit beA umgehen. Legen Sie fest, wer welche Rechte besitzen soll. Wie revisionssicher wollen Sie Ihre Kanzlei organisieren? Ein Softwarezertifikat ist beliebig kopierbar, die PIN kann ausgespäht werden. Wer beim Hardwarezertifikat drei Mal eine falsche PIN eingibt, kann die Karte entsorgen. Es gibt keine Super-PIN zum Entsperren.

Ilona Cosack:

Herr Kühnelt, besten Dank für Ihre Insidertipps. Wir sind gespannt auf beA.

 

 

 

 

 

 

 

 

Klage gegen BRAK auf Einrichtung des beA?

Während die einen darüber streiten, ob die BRAK berechtigt ist, das Anwaltspostfach beA empfangsbereit einzurichten, überlegen andere, ob sie die BRAK auf Einrichtung des beA verklagen sollen.

Doch der Reihe nach: Der Terminsbericht der Kollegen WERNER RI ist jetzt hier nachzulesen. Bei den Vergleichsgesprächen war in der Diskussion, das beA bis zum 1. September 2016 nicht freizuschalten. Dadurch sollten alle Rechtsanwälte genug Zeit erhalten, sich auf die empfangsbereite Einrichtung des beA vorzubereiten. Diesen Vorschlag lehnten die Antragsteller ab. Die Beteiligten waren sich jedoch einig, dass die in diesem Verfahren aufgeworfenen Rechtsfragen eindeutig höchstrichterlich geklärt werden sollten. Eine Entscheidung des Anwaltssenats beim Bundesgerichtshof sei jedoch nur im Hauptsacheverfahren zu erreichen.

Technische Details wurden diskutiert. „Zur DE-Mail teilte die BRAK (Vizepräsident Dr. Abend) mit, dass das beA im Vergleich zur DE-Mail technisch deutlich sicherer sei. Auch wisse Herr Kollege Dr. Abend nicht, ob es die DE-Mail ab 2018 überhaupt noch geben werde.“

Aktuell kostet die einfachste Version der Geschäftskundenvariante von DE-Mail mit 25 DE-Mails inclusive einen monatlichen Beitrag von 4,95 EUR. Bis zu 100 DE-Mails kosten 27,69 EUR monatlich, die Variante mit bis zu 1000 DE-Mails monatlich kostet 268,87 EUR. Das entspricht der geplanten Browser-Variante (ohne Einbindung von Anwaltssoftware) des beA. Für ein größeres Volumen steht die serverbasierte Variante De-Mail-Gateway zur Verfügung mit der Einsteiger-Variante Business De-Mail Flex Basic, mit 0,33 EUR pro Mail, einmalig 499,95 EUR Hardware-Kosten und laufenden monatlichen Kosten von 14,95 EUR. die Business DE-Mail Flex für Vielsurfer kostet ebenfalls 0,33 EUR pro Mail, einmalig 499,95 EUR Hardware-Kosten und monatliche Kosten von 99,95 EUR.  Die DE-Mail Gateway Software kostet inclusive Chipkartenleser bei allen Varianten 199,95 EUR. Alle Preise zzgl. 19 % Umsatzsteuer.

Angesichts dieser Preise erscheint beA wie ein Schnäppchen.

Das Protokoll der mündlichen Verhandlung finden Sie hier. Dort heißt es: „Die Vertreter der Antragsgegnerin erklären, an der Produktion des Systems zur Einrichtung des beAs werde noch gearbeitet. Ein genauer Termin für den Abschluss dieser Arbeiten könne heute noch nicht genannt werden, wird aber für 2016 erwartet. Die Vertreter der Antragsgegnerin sichern verbindlich zu, dass die Einrichtung des beA mit einer Frist von mindestens 3 Monaten öffentlich und durch individuelle Benachrichtigung der Rechtsanwälte angekündigt wird. Diese Frist sei in Abstimmung mit der Bundesnotarkammer ausreichend um sämtliche Zugangskarten nach der Bestellung innerhalb von 6 Wochen auszuliefern.“

Die BRAK wird Mitte März eine Hauptversammlung einberufen und mit den 28 regionalen Präsidenten der Rechtsanwaltskammern entscheiden, ob ein Widerruf des Vergleichs erklärt werden soll. Sie will über den Fortgang auf der Seite bea.brak.de informieren.

Am 2. März 2016 fand die Sitzung der Kommission zum elektronischen Rechtsverkehr von der Bundesrechtsanwaltskammer statt. Dr. Thomas Lapp, Vorstandsmitglied des EDV-Gerichtstages, berichtete auf Facebook, dass die BRAK auch dort den Starttermin nicht verraten hat und noch nicht einmal ein Termin zur Bekanntgabe des Starttermins genannt wurde. Die Kommentare  führen zu der Überlegung: „Das Projekt ist so kräftig in den Sand gesetzt. Ich überlege, ob ich die BRAK auf Einrichtung des beA verklage… Rein aus Frackigkeit ob der komplett ergebnislosen Geldverbrennung.“

 

 

 

Streit um Nutzungspflicht Anwaltspostfach beA geht in die Verlängerung

Das Anwaltspostfach in seinem Lauf hielten zwei Anwälte vor dem Anwaltsgerichtshof auf.

Am 24. Februar 2016 musste die BRAK ihnen in einem Widerrufsvergleich zusichern, ihr beA bis zum rechtskräftigen Abschluß im Hauptsacheverfahren noch nicht freizuschalten. Anwälte befürchten Haftungsrisiken, wenn der elektronische Rechtsverkehr unkoordiniert und unberechenbar über die Anwaltsschaft kommt.

Die BRAK schreibt zur Nutzungspflicht beA im aktuellen BRAK-Magazin Februar 2016, Ausgabe 1/2016:

„…Das beA existiert also – respektive wird existieren, nicht aber eine ausdrückliche Nutzungspflicht.
Auf diese Lücke hat die BRAK … die Kollegen aufmerksam gemacht und vor möglichen haftungsrechtlichen Folgen gewarnt, wenn Nachrichten im beA nicht zur Kenntnis genommen werden. Wie diese Lücke sich später tatsächlich auswirkt, liegt dagegen nicht in ihrem Einflussbereich.
Erst Gerichte werden darüber entscheiden, ob ein beA-Postfach auch tatsächlich regelmäßig auf eingehende Post überprüft werden muss. Oder ob die dort eingehenden Nachrichten nicht zur Kenntnis genommen werden müssen. Die Rechtsprechung wird sich dabei gänzlich unabhängig davon entwickeln, was die derzeitigen Akteure – das heißt, auch die BRAK – für eine Rechtsauffassung zu dieser Frage vertreten. …Es wäre deshalb wünschenswert, wenn der Gesetzgeber hier eine Klarstellung vornehmen würde. Im Interesse aller… Kollegen sollte eine frühzeitige Nutzungspflicht geschaffen werden. Denn das beA bezahlen wir alle und wer zahlt schon gerne ohne einen Nutzen zu erhalten.“

Wir hatten bereits darüber berichtet, dass das BMJV am 12. Januar 2016 auf eine Anfrage eines Rechtsanwalts sich dahingehend geäußert hat, dass eine gesetzliche Pflicht zur Nutzung des beA ab dem 1. Januar 2018 angestrebt wird.

Zum Widerrufsvergleich schreibt die BRAK: „Heute hat vor dem AGH Berlin die mündliche Verhandlung in Sachen beA stattgefunden. Zwei Berliner Rechtsanwälte hatten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren beantragt, die BRAK zu verpflichten, das jeweilige besondere elektronische Anwaltspostfach nur mit ihrer ausdrücklichen Zustimmung zum Empfang freizuschalten. Das Verfahren wurde heute noch nicht abgeschlossen. Die Parteien haben sich auf einen Vergleich geeinigt, in dem u.a. festgelegt ist, dass die BRAK das beA bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht einrichten wird. Der Vergleich ist für beide Seiten bis zum 31.3.2016 widerrufbar.“

Bis zum 6. April 2016 muss das Hauptsacheverfahren eingeleitet werden. Der Weg bis zum BGH (Senat für Anwaltssachen – §106 BRAO) scheint vorgezeichnet. Wie lange diese Verlängerung andauert, bleibt abzuwarten. Obwohl bisher noch kein neuer Starttermin feststeht, will die BRAK zukünftig in den BRAK-Magazinen und auf der beA-Homepage weiterhin über das beA und seine Funktionalitäten informieren, um die Kolleginnen und Kollegen auf den Start des beA vorzubereiten. Erstmalig wurde ein Screenshot der Weboberfläche veröffentlicht:

beA Start zum 1.7.17 ?

Wann startet beA?

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat sich über seinen Ausschuss Elektronischer Rechtsverkehr jetzt mit einer umfangreichen Stellungnahme zu Wort gemeldet und will den Prozess der Einführung und Ausgestaltung des beA konstruktiv begleiten.

Bereits am 15. September 2015 hat Ilona Cosack den Vorsitzenden des Ausschusses Elektronischer Rechtsverkehr, Rechtsanwalt und Notar Ulrich Volk,  zum beA interviewt.

Nutzungspflicht und Erstregistrierung

Kontrovers wird derzeit über die Pflicht zur Kontrolle des Posteingangs im beA diskutiert.

Der DAV ist der Ansicht, dass auch eine passive Nutzungspflicht (Verpflichtung zur Kontrolle auf eingehende Nachrichten) nach der derzeitigen Rechtslage nicht besteht.

Derzeit sind mehrere Eilverfahren vor dem Anwaltsgerichtshof Berlin anhängig, um diese Frage zu klären.

Rechtsanwalt Martin Delhey aus Berlin hat eine Stellungnahme des Justizministeriums (BMJV) eingeholt.

Dort heißt es in einem Schreiben vom 12. Januar 2016:

„Das BMJV strebt eine ausdrückliche gesetzliche Verankerung einer berufsrechtlichen Pflicht zur Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs ab dem 1. Januar 2018 an. Ob die bis Ende 2017 bestehende Rechtslage u.a. durch Regelungen im Verordnungsweg oder technische Vorkehrungen noch verdeutlicht oder unterstützt werden könnte, wird vom BMJV derzeit geprüft und mit der BRAK erörtert.“

Umstellung zur Jahresmitte

Der DAV plädiert dafür, dass die Umstellung auf das beA nicht zum Jahresende sondern zur Jahresmitte erfolgen soll, „um eine kontrollierte Umstellung außerhalb des auch ansonsten für Anwälte regelmäßig fristenkritischen Jahreswechsels zu ermöglichen.“

Verlängerung der Laufzeit des EGVP über den 30. September 2016 hinaus

Die Laufzeit des EGVP, derzeit bis 30. September 2016, solle verlängert werden, „um einen reibungslosen Übergang zum beA sicherzustellen.“

⇒ Damit käme als Starttermin der 1. Juli 2017 in Sichtweite.

 

Integration in Kanzleisoftware immer noch nicht gewährleistet

Nach wie vor fehlten ausreichende Schnittstellenbeschreibungen, die für die Integration in Kanzleisoftware nötig sind.

Im ungünstigsten Fall müssten für Nutzer von Kanzleisoftware drei Migrationsschritte durchgeführt werden:

Von EGVP auf Drittprodukt, von Drittprodukt auf beA-Weboberfläche, von beA-Weboberfläche auf beA-Schnittstelle der Kanzleisoftware.

Zusätzlich: besondere elektronische Kanzleipostfächer

Neben dem persönlichen beA für den Anwalt sollte es nach Sicht des DAV auch die Möglichkeit geben, besondere elektronische Kanzleipostfächer auf Wunsch der Kanzleien einzurichten.

Hierzu hat sich der BRAK-Präsident, Rechtsanwalt Ekkehart Schäfer, im Interview mit Ilona Cosack bereits geäußert:

Es gäbe derzeit nur personengebundene Einzelverzeichnisse, keine Kanzleiverzeichnisse, so dass deshalb nicht gesichert wäre, dass über ein Kanzleipostfach tatsächlich jeder Rechtsanwalt auch erreichbar ist, ein Ziel, dass mit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs auf jeden Fall verwirklicht werden soll.

Qualitätskontrolle und Audit

Der DAV schlägt vor, die Funktionsfähigkeit des beA durch unabhängige Qualitätskontrollen zu überprüfen.

Bislang sei über die tatsächliche Ausgestaltung, Funktionsweise und Qualität des beA wenig bekannt. Es stehen keine Testzugänge o.ä. zur Verfügung.

Es solle ein unabhängiges Gremium zur Qualitätskontrolle geschaffen werden.

Der DAV regt an, die Funktionsfähigkeit des beA regelmäßig durch unabhängige Auditoren überprüfen zu lassen.

beA nicht für die Kommunikation zwischen Anwalt und Mandant

Das beA sollte nach Meinung des DAV nicht für die Kommunikation zwischen Bürgern und Rechtsanwälten offenstehen.

Aufgrund der Konzeption der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung kann das beA keinen Spamfilter und keinen Virenschutz beinhalten.

Die vertrauliche Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und Mandant könne, so der DAV, auch auf anderen Wegen gewährleistet werden.

Löschfristen

Die bisherige Regelung in § 31a Abs. 3 BRAO sieht das Löschen von im beA gespeicherten Nachrichten „nach angemessener Zeit“ vor.

Der DAV fordert, Löschfristen in der Rechtsverordnung nach § 31c Nr. 3 BRAO festzulegen.

Es sollte ferner vorgesehen werden, dass das Löschen der Nachrichten im beA angekündigt wird.

Fazit:

Ein beA Start zum 1.7.17 wäre vor Beginn des elektronischen Rechtsverkehrs 2018 wünschenswert.

 

Am Aschermittwoch ist beA noch lange nicht vorbei – Wer soll das bezahlen?

Passend zum Aschermittwoch, das bekannte Karnevalslied „Wer soll das bezahlen…“

…Jeder zugelassene Anwalt

Der BGH  – AnwZ (Brfg) 33/15 – hat in einer Grundsatzentscheidung am 11. Januar 2016 festgestellt, dass die Umlage der Kosten für das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) rechtmäßig ist.

Auch wenn der Start des beA verschoben wurde, fallen weiterhin Kosten an.

Für 2014 und 2015 sind bereits für jedes Mitglied von den örtlichen Kammern 63 Euro an die BRAK  abgeführt worden. Für 2016 sind 67 Euro fällig.

Ein Rechtsanwalt aus dem RAK-Bezirk Hamm hatte geklagt und in der Vorinstanz beim AGH Nordrhein-Westfalen – 1 AGH 5/15 – die Klage verloren.

Der BGH hat die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt, der Umlagebescheid sei formell und materiell rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf bis zu 300 Euro festgesetzt.

RA Martin Huff hat die Entscheidung bei LTO kommentiert:

> BRAK darf ihre Kosten umlegen

> Eingriff in Berufsfreiheit gerechtfertigt

> Unwägbarkeiten bei Einführung unvermeidlich

und auch zu seiner Kommentierung der Entscheidung des AGH haben wir verlinkt.

 

Einführung verschoben, aber: Das beA wird Realität!

Dr. Wolfram Viefhues, mein Interviewpartner am 29.10.2015, hat die neue eBroschüre (Ausgabe 4) zum Elektronischen Rechtsverkehr im Deutschen Anwaltverlag herausgegeben.

Neben dem Interview (ab Seite 15) werden verschiedene Fragen beantwortet, berichtet wird über Neues vom Gesetzgeber zum elektronischen Schutzschriftenregister, über die Arbeit der Gemeinsamen Kommission elektronischer Rechtsverkehr, vom IT-Tag der Justiz Baden-Württemberg am 5.11.2015 und von der (fast) unbekannten Erfolgsgeschichte des „Elektronischen Versorgungsausgleichs“.

Es gibt einen Blick in die öffentliche Verwaltung in Deutschland, einen kurzen Blick in Ausland und einen Rechtsprechungsüberblick Elektronischer Rechtsverkehr (Teil III). Bei „Dies und das“ erfährt man, dass im Justizzentrum Gera wegen der vielen Akten die Standsicherheit des Gebäudes gefährdet ist (vgl. auch https://twitter.com/ABCANWALT: Bericht von der #digitalconference am 2.12.2015) und wie ein Betrüger sich mit E-Mail selbst aus dem britischen Gefängnis entlässt.

Die Ausgabe 4 endet mit einer Vorschau auf die nächsten Ausgaben, u.a. Fragen der Sicherheit, Wie sieht die E-Akte bei Gericht konkret aus?, Rechtsfragen (Formalien bei der Kommunikation zu den Gerichten, Wiedereinsetzung, Einscannen von Unterlagen, Vorlage von Originalurkunden in elektronisch geführten Gerichtsverfahren) und der Ausgestaltung der Akteneinsicht beim neuen Akteneinsichtsportal der Justiz, das Mitte 2016 realisiert werden soll.

Die kostenlose Broschüre ist beim Anwaltverlag (Suche: Viefhues Elektronischer Rechtsverkehr) oder bei juris zum Download erhältlich.

BRAK-Präsident RA Ekkehart Schäfer im Interview: beA steht nicht in Frage

Interview mit Rechtsanwalt Ekkehart Schäfer

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seit 2007 Vizepräsident und seit 18. September 2015 neuer Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK).

151228 beA – Interview mit RA Ekkehart Schaefer

Ilona Cosack hat den Präsidenten befragt, worauf die Anwaltschaft sich nach der Verzögerung des Starttermins einstellen muss.

Ilona Cosack:

Herr Schäfer, vielen Dank, dass Sie sich zwischen den Jahren Zeit für unser Interview nehmen. Nach 68 Tagen im neuen Amt mussten Sie die Fristverlängerung für das beA verkünden.

In den aktuellen BRAK Mitteilungen haben Sie bereits Akzente gesetzt und erklärt, warum das beA nicht pünktlich an den Start gehen konnte. Viele Skeptiker sehen sich jetzt bestätigt. Was ist zu tun, damit die Anwaltschaft das beA und den Elektronischen Rechtsverkehr akzeptiert und sich nicht verweigert?

Ekkehart Schäfer:

Ich gehe nicht davon aus, dass sich die deutsche Anwaltschaft dem elektronischen Rechtsverkehr verweigert, schließlich basiert er auf einer gesetzlichen Grundlage. Aber es ist vielleicht schwieriger als bei anderen Berufsgruppen, Juristen für technische digitale Konzepte zu begeistern. Die BRAK kann die Kolleginnen und Kollegen nur ermutigen, sich mit dem beA zu beschäftigen, weil die Verzögerung des Starttermins das Projekt als solches nicht in Frage stellt. Sich zu verweigern, bedeutete also, sich der zukünftigen Entwicklung zu verschließen. Das ist sicher nicht vernünftig.

Ilona Cosack:

Viele Kollegen haben Vorbehalte und sicher auch Ängste. Wie können Sie den Kollegen hier Hoffnung und Zuversicht geben, dass das beA – wie in der Öffentlichkeitsarbeit angepriesen – einfach, digital und sicher ist?

Ekkehart Schäfer:

Die BRAK kann immer nur wiederholen, dass das beA digital, einfach und sicher sein wird. Überprüfen wird das der einzelne Kollege erst, wenn es zur Verfügung steht. Gerade weil die Nutzerfreundlichkeit augenblicklich nicht unseren Anforderungen und Erwartungen an das System entspricht, haben wir uns ja entschlossen, den Starttermin zu verschieben. Daraus kann gefolgert werden, dass wir uns nach besten Kräften bemühen, unsere Ansprüche auch zu realisieren. Das gilt insbesondere für die Sicherheit des Systems. Wir setzen ein Konzept um, dass allen bisher zur Verfügung stehenden weit überlegen ist, wobei allen bewusst sein sollte, dass es absolute Sicherheit nicht gibt und auch nicht geben kann. Aber wer heute bedenkenlos ein Telefax versendet – und wer tut das nicht -, der wird mit dem beA ein System zur elektronischen Kommunikation erhalten, dass sicherheitstechnisch dem bisher eingesetzten weit überlegen ist.

Ilona Cosack:

Die BNotK hat den Versand der Karten derzeit eingestellt. Warum sollten die Kollegen trotzdem weiterhin Karten bestellen, obwohl der neue Starttermin des beA noch nicht feststeht?

Ekkehart Schäfer:

Wie gesagt, steht das Projekt beA als solches nicht in Frage. Es verschiebt sich nur nach hinten. Wer jetzt handelt, hat genügend Zeit, um sich und seine Kanzlei auf die Änderungen vorzubereiten.

Ilona Cosack:

Wie lange wird es dauern, bis der Projektplan steht? Die Softwareanbieter monieren, dass noch nicht alle Informationen vollständig vorliegen, um die Schnittstellen zu programmieren. Zum 30. September 2016 ist das EGVP abgekündigt. Worauf müssen sich die Nutzer einstellen?

Ekkehart Schäfer:

Wir haben noch vor Weihnachten Gespräche mit Atos begonnen, um einen konkreten Plan zu entwickeln, der auch alle zeitlichen Risiken, die sich im Rahmen der Realisierung des beA noch verwirklichen können, angemessen berücksichtigt. Sobald er endverhandelt und von uns abschließend geprüft ist, werden wir einen Starttermin nennen können.

Atos Werbung im Squaire am Flughafen Frankfurt

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Ilona Cosack:

Sie selbst sind mit Ihrer Kanzlei in der Form einer PartGmbB organisiert. Diese bekommt nach den bisherigen Planungen kein eigenes Postfach. Wird sich hieran etwas ändern?

Ekkehart Schäfer:

Zur Zeit nicht. Wie Sie wissen, erhält entsprechend der gesetzlichen Vorgabe jeder Rechtsanwalt persönlich ein beA. Das deshalb, weil die Rechtsanwaltskammern nur personenbezogene Einzelverzeichnisse führen, aber keine Kanzleiverzeichnisse. Für sie ist deshalb augenblicklich nicht sicher feststellbar, welche Kollegin oder welcher Kollege mit wem in einer Berufsausübungsgemeinschaft verbunden ist. Es wäre deshalb nicht gesichert, dass über ein Kanzleipostfach tatsächlich jeder Rechtsanwalt auch erreichbar ist, ein Ziel, dass mit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs auf jeden Fall verwirklicht werden soll.

Ilona Cosack:

Es kursieren immer wieder Gerüchte, dass die sogenannte SAFE-ID-Nummer, die Nummer, die jedem Rechtsanwalt persönlich mitgeteilt wird, auf dem Anwaltsbriefkopf veröffentlicht werden soll?

Ekkehart Schäfer:

Das Gerücht hat keinen realen Hintergrund. Es ist zwar richtig, dass jeder Kollege eine SAFE-ID-Nummer erhält, also seine Postfachnummer. Sie ist aber nur maschinenlesbar, kann also von einem Dritten nirgendwo eingegeben werden, um so Kontakt zu einem Rechtsanwalt aufzubauen. Wozu also eine solche Angabe auf einem Briefkopf?

Ilona Cosack:

Das beA wird also kommen, hier haben Sie alle Zweifel ausgeräumt. Was sind die nächsten Schritte, die Sie Ihren Kollegen bis zum neuen Starttermin empfehlen?

Ekkehart Schäfer:

Bemühen Sie sich um die technische Ausstattung Ihrer Kanzlei. Und überlegen Sie sich ein Konzept, wie Sie die Rechtevergabe in Ihrer Kanzlei gestalten wollen. Beantworten Sie also die Frage, wer außer Ihnen das beA öffnen, seinen Inhalt lesen, Verfügungen erlassen, Texte weiterleiten oder bearbeiten dürfen soll? Orientieren Sie sich dabei daran, wie Sie das bisher in Ihrer Kanzlei gehandhabt haben, und legen Sie die Regeln dafür fest.

Das beA steht nicht in Frage, es ist nicht auf Eis gelegt, es ändert sich nichts am Konzept. Sie haben jetzt ausreichend Zeit, um seinen Einsatz in Ihrer Kanzlei und seine Integration in Ihren Arbeitsalltag vorzubereiten.

Ilona Cosack:

Herr Schäfer, besten Dank für unser Gespräch.

 

 

 

 

 

 

Welches Kartenlesegerät für welchen Einsatz?

Aktuell bewirbt der Kartenlesegeräte-Hersteller REINERSCT im Anwaltsblatt 12/2015 die beiden Kartenlesegeräte, die im Shop der BNotK  angeboten werden, mit einem Rabatt von 25%. Der Gutscheincode lautet: DAV.

Welches Kartenlesegerät ist für welchen Einsatz geeignet?

Der cyberJack® RFID komfort für 159,90 EUR brutto (Preis BNotK: 154,58 EUR brutto) kostet mit Rabatt (incl. Versandkosten) beim Hersteller 123,67 EUR brutto und ist für die Anwendung in der Kanzlei gut geeignet.  Mit seinen breiten Tasten ermöglicht er eine komfortable PIN-Eingabe.

Der cyberJack® secoder kostet aktuell (22.12.2015) auf der Herstellerseite 84,89 EUR brutto (Preis BNotK: 71,28 EUR brutto). Mit Rabatt (incl. Versandkosten) entstehen beim Hersteller Kosten in Höhe von 67,42 EUR brutto. Wer ein kleines und handliches Gerät für den mobilen Einsatz sucht, ist hier richtig.

Die Besonderheit beim secoder ist, dass das USB-Kabel direkt im Kartenlesegerät verbaut ist, so dass es ggf. notwendig ist, das beiliegende Verlängerungskabel zu verwenden. Schwachstelle ist die Verbindung. Der komfort hat zwei verschieden lange USB-Kabel beiliegen, so dass hier die Wahlmöglichkeit besteht, welches Kabel verwendet wird.

 

Start des beA: Aufbruch in eine neue Ära

Interview mit Dr. Wolfram Viefhues*

Ilona Cosack hat den Fachmann befragt, welche Tipps zum Start
des beA für die Anwaltschaft aus Justizsicht wichtig sind.

151029 beA – Interview mit Dr. Wolfram Viefhues

Dr. Wolfram Viefhues

Dr. Wolfram Viefhues

*Dr. Wolfram Viefhues, von 1976 bis 31. Juli 2015 Richter in Nordrhein-Westfalen,
zuletzt Aufsicht führender Richter am Amtsgericht Oberhausen. Pionier im Bereich
der EDV-Entwicklung, Gründungs- und Vorstandsmitglied des EDV-Gerichtstages,
promovierte 1993 zur „Methodik der vergleichenden Untersuchung von
Justizsoftware“.

Ilona Cosack:

Herr Dr. Viefhues, Sie sind im Bereich der Justiz Vorreiter der EDV und des Elektronischen Rechtsverkehrs. Als Pionier mit Insidererfahrung haben Sie selbst programmiert und wurden von Ihren Kollegen als „Richterjournalist“ kritisiert, weil Sie Ihren eigenen Computer mit ins Gericht nahmen.

Wo sehen Sie die Chancen des Elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) für die Justiz und auch die Anwaltschaft?

Dr. Wolfram Viefhues:

Die digitale Welt unterscheidet sich von der analogen Welt und bietet viele Vorteile. Allerdings muss man bereit sein, alte Gewohnheiten über Bord zu werfen. Das ist lästig. Unsere hergebrachten Arbeitsabläufe orientieren sich noch immer sehr stark am Papier und damit an der Bürotechnik von anno dazumal. Die moderne Technik, die wir ja gerne im privaten Bereich nutzen, bietet aber schon vielfältige neue Möglichkeiten, auch unsere berufliche Arbeit anders zu gestalten. Neue Arbeitsabläufe bieten Chancen zum Umdenken. Justiz und Anwaltschaft sollten den ERV gemeinsam angehen und miteinander reden. Der Blick auf die andere Seite hilft, die Abläufe zu verstehen; Zusammenarbeit hilft, gemeinsam Lösungen zu finden und sich die Arbeit zu erleichtern.

Ilona Cosack:

Sie haben als Herausgeber bereits drei eBroschüren im Deutschen Anwaltverlag veröffentlicht und die Zukunft des ERV skizziert. Jedes Bundesland hat hier ja seinen eigenen Zeitplan. Wie wird der ERV in der Justiz umgesetzt?

Dr. Wolfram Viefhues:

Die intensiven Diskussionen auf dem EDV-Gerichtstag bereits 2003 haben gezeigt, dass der ERV nicht isoliert bei den Gerichten eingeführt werden kann, sondern als eine übergreifende Aufgabe zu begreifen ist, die Gesetzgeber, Justiz und Anwaltschaft nur durch gemeinsame Anstrengungen bewältigen können. Wegen der vielfältigen Auswirkungen nicht nur in technischer Hinsicht, sondern speziell auf Arbeitsabläufe und Organisationsstrukturen wird diese Aufgabe alle Beteiligten noch auf lange Zeit beschäftigen. ERV ist zwar zunächst nur die rechtsverbindliche elektronische Kommunikation zwischen Verfahrensbeteiligten und den Gerichten. Die Zielrichtung geht aber weit darüber hinaus und umfasst auch die interne elektronische Sachbehandlung (den sog. Workflow), die elektronische Aktenführung bis hin zur elektronischen Archivierung.

Ilona Cosack:

In Ausgabe 3 der eBroschüre berichten Sie von Ihrem Besuch bei Rechtsanwalt Carsten R. Hoenig, der als Strafverteidiger in Berlin bereits eine elektronische Aktenführung in seiner Kanzlei eingeführt hat, obwohl ja gerade der ERV in Strafsachen wegen verschiedener Akteneinsichtsrechte und anderer Probleme erst 2024 realisiert werden soll. Welche Erkenntnisse können Sie anderen Anwälten hier mit auf den Weg geben?

Dr. Wolfram Viefhues:

Beeindruckend war, dass Rechtsanwalt Hoenig tatsächlich einen „leeren Schreibtisch“ ohne Papierakten hat.

Schreibtisch RA Carsten R. Hoenig

Foto: Dieter Kesper

Zwei Bildschirme, eine Tastatur, eine Dockingstation für den Laptop, Telefon, Lampe und Kaffeetasse – mehr nicht.

Unsere Erkenntnis war, dass Organisationsänderungen am besten im Team – also gemeinsam von Anwalt und Mitarbeitern – angegangen wird. Die Kreativität und die Ideen der Mitarbeiterinnen sollte man nicht ungenutzt lassen.

Als besonderer „Flaschenhals“ stellt sich offenbar das Einscannen von Papier-dokumenten heraus. Hierbei muss dafür Sorge getragen werden, dass beim Einscannen einheitliche Regeln festgelegt werden, wie das Dokument benannt wird. Andernfalls geht sehr schnell die Übersicht verloren. Klar geregelt werden muss bei der elektronischen Mandantenakte auch, was zur Veröffentlichung, d.h. zur Kenntnis des Mandanten freigegeben wird.

Auch bei diesen Organisationsänderungen ist es wie in der Fahrschule: Man muss üben, um Routine zu bekommen. Daher sollte man so früh wie möglich damit anfangen.

Ilona Cosack:

Ähnlich wie bei der Justizsoftware sind auch bei Anwaltskanzleien unterschiedliche Softwareprogramme im Einsatz. Die Schnittstelle zum beA wird im Laufe des Jahres 2016 zur Verfügung gestellt. Warum sollte eine Anwaltskanzlei schon zu Beginn des Jahres 2016 anfangen, sich mit dem beA vertraut zu machen?

Dr. Wolfram Viefhues:

Gegenfrage: Warum nicht? Auch wenn die Anwaltssoftware das beA nicht bereits ab 1.1.2016 unterstützt, kann man mit dem beA der BRAK doch schon mal anfangen, sich mit der Technik vertraut machen und die Abläufe kennenlernen, anpassen und üben.

Man sollte sich nicht mit unnötigen Abwehrkämpfen verzetteln. Wer gegen das beA zu Felde ziehen will, mag den Weg bis zum Bundesverfassungsgericht gehen. Er mag auch das Risiko eingehen, den Blick in sein beA zu verweigern. Mag sein, dass ihm der Haftungssenat des BGH dann in einigen Jahren Recht geben wird. Es kann aber auch sein, dass die Sache anders ausgeht.

Viel einfacher ist es doch, jeden Tag einmal in das beA zu schauen, ob Post eingegangen ist.

Ilona Cosack:

Aufgrund des „Flickenteppichs“ in den einzelnen Bundesländern befürchten viele Anwälte ein erhöhtes Haftungsrisiko. Wie sollte die Anwaltschaft hier vorbeugen?

Dr. Wolfram Viefhues:

Zunächst muss ja nur empfangen werden, das ist nicht unzumutbar und beinhaltet kein Risiko aufgrund des Flickenteppichs. Beim Senden muss man aufpassen, aber das ist nicht anders als auch beim Fax. Dort muss ja auch gewährleistet sein, dass man die richtige Nummer des Gerichts auswählt. Wichtig ist bei der Organisation des Sendens, dass geklärt wird, wann man qualifiziert elektronisch signieren muss und wann nicht.

Ilona Cosack:

Schon 1994 haben Sie ein Buch „Winword für Juristen“ im Beck-Verlag veröffentlicht. Wie nutzen Sie die EDV für Ihre vielfältigen Aufgaben? Arbeiten Sie vollständig elektronisch oder gibt es auch bei Ihnen noch Papier?

Dr. Wolfram Viefhues:

Es ist auch bei mir ein Gewöhnungsprozess. Am Anfang habe ich auch alles ausgedruckt zum Korrigieren. Dann stellt man fest, dass man nach zwei Seiten Lesen auf Papier doch die Fehler gleich am Bildschirm korriert und dann nur noch auf dem Bildschirm weiter liest. Leider sieht sieht man den Fehler in jedem Fall manchmal erst, wenn das Schreiben schon weg ist.

Ilona Cosack:

Welche Tipps können Sie denjenigen geben, denen der Umstieg vom Papier auf die elektronische Akte schwerfällt?

Dr. Wolfram Viefhues:

Die elektronische Akte bietet viele Vorteile, die das Papier nicht hat. Man kann nach Stichworten suchen und genau wie bei Papier mit Markierungen und Klebezetteln arbeiten. Vor allem für die vergleichende Darstellung von Argumenten der Kläger- und Beklagtenseite ist die elektronische Akte hilfreich.

Auch das muss man lernen und üben; das klappt nicht von Anfang an. Aber das ist wie beim Anfänger, der eine dicke Akte vorgelegt bekommt: Er liest die Akte von vorne bis hinten. Der erfahrene Praktiker schaut erst mal die letzte Seite an: Vielleicht kann dann die Akte schon abgelegt werden!

Ilona Cosack:

Was sind die nächsten Schritte, die Sie Anwälten in den nächsten knapp zwei Monaten bis zum 1.1.2016 empfehlen?

Dr. Wolfram Viefhues:

Fangen Sie jetzt an. Lösen Sie sich von alten Abläufen und sind Sie aufgeschlossen für Veränderungen. Machen Sie sich mit der neuen Technik vertraut. Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter ein. Legen Sie fest, wer und wie im Vertretungsfall auf Ihr beA zugreifen soll. Die beA-Signatur-Karte wird in Zukunft Ihre Unterschrift ersetzen, denn wer aus dem beA versendet, versendet ab 1.1.2018 rechtsverbindlich. Daher: Geben Sie „Ihre Unterschriftshand“ nicht weg.

Ilona Cosack:

Herr Dr. Viefhues, herzlichen Dank für Ihren Input. Wir freuen uns schon auf die nächsten eBroschüren und danken Ihnen für Ihre fachkundige Einschätzung. Gerne greifen wir Ihren Optimismus auf und hoffen, dass viele Anwälte Ihrer Empfehlung folgen.