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EDV-Gerichtstag 2025: 10. bis 12. September 2025 in Saarbrücken

Seit vielen Jahren bin ich aktives Mitglied des EDV-Gerichtstages (EDVGT).

2025 wird der 34. EDVGT vom 10. bis 12. September in Saarbrücken stattfinden.

Das Motto lautet: „Next Generation Law – Von AI bis ZPO digital“

Das Tagungsprogramm ist vielfältig:

Der EDVGT startet am Mittwoch ab 14 Uhr mit dem Update IT-Sicherheit, Teil I mit Dr. Christoph Endres und Prof. Dr. Christoph Sorge. Teil II bestreiten Jonas Ditz und Dr. Sven Bugiel.

Am Abend des 10.9. findet traditionell das Get together bei juris statt.

Am Donnerstag beginnt die Eröffnungsveranstaltung mit der Keynote von Prof. Dr. Katharina Zweig (TU Kaiserslautern). Im Anschluss wird der Dieter-Meurer-Preises verliehen.

Daran schließt sich die Podiumsdiskussion „Augmented Law: Wie KI das Recht verändert“ an. Neben Prof. Zweig nehmen Prof. Dr. Marie Herberger, Universität Bielefeld und Franz Steuer, PwC, AI & Tax Technology Lead teil. Moderiert wird die Diskussion von Dr. Anke Morsch, Vorsitzende des EDVGT.

Am Nachmittag des 11.9. finden verschiedene Arbeitskreise statt:

Legal Design Thinking, Aktuelle Entwicklungen im Angebotsspektrum juristischer Fachverlage & Datenbankanbieter, Zivilprozess der Zukunft I und II, Zugriff auf E-Evidence in Strafverfahren, KI-Systeme in der Justiz – Taxonomie und KI-Verordnung, EU-Digitalstrategie: Kurswechsel auf dem Prüfstand – Cybersicherheit und digitale Identitäten in der Praxis, Arbeitskreis Barrierefreiheit, Deepfake – Tod der Wahrheit, KI im Verwaltungsverfahren – Digitale Souveränität als Schlüssel für eine zukunftsfähige Rechtsanwendung, sowie Digitalisierungsstrategie und Entscheidungsprozesse in der Justiz: Ist die Justiz zu langsam?

Am Freitag, 12.9., gibt es folgende Programmpunkte:

Schnittstellenarbeitskreis eGovernment/eJustice, Europaarbeitskreis: Bedeutung und Einführungsstand der EUDI-Wallet unter besonderer Berücksichtigung der Kommunikation von Unternehmen mit der Justiz, KI in juristischen Prüfungen.

Mein Favorit ist der Arbeitskreis: Besondere elektronische Postfächer: „Ihr seid ja groß geworden“

Parallel dazu finden weitere Arbeitskreise zu den Themen: „Digitale Normen“ und „Brauchen wir nationale juristische Sprachmodelle?“ statt.

Fazit: Der EDVGT ist immer eine Reise nach Saarbrücken wert. In der nächsten E-Broschüre werden Isabelle Désirée Biallaß, Vorstandmitglied des EDVGT, Richterin am OLG Hamm und Lehrbeauftragte FH Köln, und ich über die verschiedenen Arbeitskreise berichten.

Was lange währt…ERVB 2025 am 30. Juli 2025 in Kraft getreten

Seit dem 1. April 2022 galt die 2. ERVB 2022 vom l0. Februar 2022. Und auch über den 31. Dezember 2022 hinaus gab es keine neue ERVB, d.h. die 2. ERVB 2022 galt fort.

Nun hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz am 16. Juli 2025 die neue Bekanntmachung zu § 5 der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (Elektronischer-Rechtsverkehr-Bekanntmachung 2025 – ERVB 2025) im Bundesanzeiger herausgegeben und am 29. Juli 2025 veröffentlicht.

Neu ist die Ergänzung zu Ziffer 4. mit Punkt c): Endlich sind auch USB-Speichermedien zulässig.

Bereits Anfang 2023 hatte ich beim BMJ nachgefragt, wann damit zu rechnen sei, dass auch USB-Sticks zugelassen werden. Damals lautete die Antwort:

Hintergrund der Vorgabe ist, dass USB-Sticks aufgrund einer Risikobewertung der Bund-Länder-Kommission für Informationstechnik in der Justiz bisher nicht als hinreichend sicher, insbesondere im Hinblick auf das Risiko der Infizierung mit Schadsoftware, eingestuft wurden. Es liegt aber selbstverständlich auch in allgemeinem Interesse, das Einreichen von umfangreichen Unterlagen in Papierform bei den Gerichten möglichst zu vermeiden und stattdessen praxistaugliche – und gleichzeitig sichere – Einreichungsmöglichkeiten mittels physischer Datenträger zu schaffen. Wir haben Ihre Anfrage daher gerne zum Anlass genommen, die vorgenannte Bewertung mit Blick auf die aktuellen technischen Gegebenheiten und Bedürfnisse der Einreicher sowie Empfänger einer erneuten Überprüfung zu unterziehen.

Schön, dass USB-Sticks nunmehr in die Liste der zulässigen physischen Datenträger aufgenommen wurden. Denn DVD und CD gehören – wenn man IT-Fachleuten Glauben schenkt – zu den aussterbenden Medien;-), mein neuer Laptop hat kein DVD/CD-Laufwerk mehr (ein externes Laufwerk kann ggf. über den USB-Port angeschlossen werden).

Damit wird die Arbeit in den Kanzleien etwas erleichtert. Alternativ kann man immer noch mehrere beA-Nachrichten zu einer Angelegenheit einreichen.

Fazit: Die Mühlen mahlen langsam. In fünf Monaten (21 Wochen, 6 Tage) oder 153 Tagen wird die Ära der Papierakte bei der Justiz am 31. Dezember 2025 zu Ende gehen. Die Digitalisierung wird mehr und mehr zum Alltag gehören. Eine bundeseinheitliche Justizcloud soll nach dem Beschluss der 95. Konferenz der Justizministerinnen & Justizminister auf dem Bund-Länder-Digitalgipfel vom 28. November 2024 schrittweise aufgebaut werden. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Neues aus der Praxis: Stillstand der Rechtspflege?

beA und Elektronischer Rechtsverkehr:

546 Tage , 78 Wochen oder 1 ½ Jahre: Die aktive Nutzungspflicht des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) gehört für die Kanzleien mittlerweile zum Alltag.

Noch 2 ½ Jahre wird es dauern, bis die Justiz verpflichtet wird, elektronische Akten zu führen. Damit einher geht die Hoffnung, dass dann der Medienbruch wegfällt und anstelle von Papierpost dann endlich eine einheitliche elektronische Kommunikation greift.

Viele Gerichte arbeiten schon digital, andere hingegen sind noch in der Pilotphase für die elektronische Akte. Leider gibt es auch immer noch Gerichte, bei denen beA-Nachrichten einen mühsamen Weg nehmen müssen: Eingang auf dem Justizserver (Intermediär), Weiterleitung an die zuständige Justizbehörde, dort Ausdruck der Nachricht (nebst der maschinenlesbaren Dateien!) und dann weiter in den „üblichen Geschäftsgang“, bedeutet in der Regel Eingang in Papier bei der Geschäftsstelle und dann Wiedervorlage mit Akte bei der zuständigen Richterin oder dem Richter.

Dass hierüber viel zu viel Zeit vergeht, ist nachvollziehbar, aus Sicht der Anwaltskanzleien hat man leider keinen Einfluss darauf.

Stillstand der Rechtspflege?

Die Justiz, in diesem Fall das Amtsgericht Hamburg, wirbt um Verständnis, weil aufgrund der Personalsituation „hohe Rückstände in der Aktenbearbeitung“ entstanden seien. „Angesichts dessen sind wir aktuell gezwungen, Posteingänge und Verfügungen der Rechtsanwender*innen zu priorisieren, um zu gewährleisten, dass wirklich eilige Sachen nicht übersehen werden. Die Langerfassung von Zahlungsklagen ohne besondere Dringlichkeit gehört z.B. nicht zu den besonders eilbedürftigen, vorzuziehenden Aufgaben. Aktuell sind wir vollauf damit gefordert, Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz, auf Terminsverlegung oder ähnlich vorrangige Vorgänge unverzüglich zu bearbeiten. Der Rest – d.h. alle Vorgänge ohne Priorisierung – muss sich „hintenanstellen“.

Dieses Schreiben ging an die RAK Hamburg, verbunden mit der Bitte: „Wir wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie in der Rechtsanwaltschaft dafür werben könnten, in dieser schwierigen Zeit von Sachstandsanfragen nach Möglichkeit abzusehen.“

Der Präsident der RAK Hamburg reagierte sofort mit einem Schreiben an die Justizsenatorin: „Die geschilderten Umstände sind unerträglich und kommen einer Kapitulation der Justiz gleich.“ mit der Aufforderung, umgehend Abhilfe zu schaffen.

Liebe Justiz, wie wäre es, wenn man anstelle fehlenden Personals zeitgemäße Technik einsetzt?

Die Anwaltschaft kann doch nicht allen Ernstes hinnehmen, dass nach drei Monaten(!) eine Klage zwar eingegangen ist, mangels Bearbeitung jedoch kein Aktenzeichen hat und ein Gerichtskostenvorschuss noch nicht eingezahlt werden kann. Durch das beA sind Gerichtskostenstempler oder -marken obsolet geworden.

„Die zunehmende Zahl von Sachstandsanfragen seitens der Rechtsanwält*innen – seien sie telefonisch oder auf dem Postweg“ würden die Lage verschärfen, „weil auch deren Beantwortung Zeit kostet und zudem den psychischen Druck auf den Geschäftsstellen erhöht.“

Es müsste doch möglich sein, z.B. die (bereits elektronisch vorliegenden) Eingänge automatisiert so zu bearbeiten, dass ein Aktenzeichen automatisch vergeben wird (ggf. mit entsprechenden Prüfroutinen), anhand des Gegenstandswertes die Gerichtskosten berechnet und dem Kläger mitgeteilt werden, so dass diese (im Idealfall durch die „elektronische Kostenmarke“) unverzüglich eingezahlt werden können und dann die Zustellung automatisiert an die Beklagte erfolgt.

Das wäre eine einfache und schnell umsetzbare Lösung, unabhängig von derzeit (in den Bundesländern unterschiedlich eingesetzten) Fachsoftwarelösungen.

Es wird viel Geld für Zukunftslösungen investiert, die umfassend geprüft und in weiter Ferne ggf. umgesetzt werden.

Benötigt werden m.E. kleine und schnelle Schritte, um den Stillstand der Rechtspflege zu verhindern, unabhängig von Länderkompetenzen und einem aufwändigen und lange andauernden Verfahren.

Wer kann unterstützen?

Gemeinsam an einem Strang ziehen, um Lösungen zu finden, z.B.

Deutscher Anwaltverein (DAV), ArGe davit, Deutscher EDV-Gerichtstag, Digitale Richterschaft, Prof. Dr. Henning Müller (ervjustiz), Think Tank Legal Tech NRW: Isabelle Biallaß und Sina Dörr, Legal Tech Verband e.V., IRDG, recode.law, u.v.a.