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Aktive Nutzungspflicht ab 1.1.2020 beim beA

Schleswig-Holstein führt ab 1. Januar 2020 die aktive Nutzungspflicht für das Anwaltspostfach beA in der Arbeitsgerichtsbarkeit ein

In 35 Tagen beginnt die aktive Nutzungspflicht (und noch 19 Arbeitstage bis Heiligabend)

Noch ist es nicht in der Landesverordnung von Schleswig-Holstein veröffentlicht.

Aber das Ministerium für Justiz, Europa, Verbraucherschutz und Gleichstellung in Schleswig-Holstein hat mit Medien-Information vom 26. November 2019 bekannt gegeben:

Verpflichtende elektronische Einreichung in Arbeitsgerichtssachen kommt zum Jahreswechsel

„KIEL. Schleswig-Holstein wird zum 1. Januar 2020 in der Arbeitsgerichtsbarkeit vorzeitig eine Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs in Kraft setzen. Eine entsprechende Landesverordnung wird von Justizministerin Sabine Sütterlin-Waack im Dezember ausgefertigt und im Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet werden. Damit sind ab 1. Januar 2020 alle sogenannten professionellen Einreicher – also Rechtsanwälte, Notare, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse – verpflichtet, vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen bei den Arbeitsgerichten Kiel, Flensburg, Neumünster, Elmshorn und Lübeck sowie bei dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein ausschließlich elektronisch einzureichen.“

Die entsprechende Norm des Arbeitsgerichtsgesetzes lautet:
§ 46g Nutzungspflicht für Rechtsanwälte, Behörden und vertretungsberechtigte Personen

Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Gleiches gilt für die nach diesem Gesetz  vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 46c Absatz 4 Nummer 2 zur Verfügung steht.
Ist eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen.

#TeamArbeitsrecht

Alle Rechtsanwälte, die Klagen bei den Arbeitsgerichten Kiel, Flensburg, Neumünster, Elmshorn, Lübeck und dem LAG Schleswig-Holstein einreichen, müssen dies ab dem 1.1.2020 ausschließlich über das Anwaltspostfach beA erledigen.

Achten Sie darauf, dass der unterzeichnende Rechtsanwalt mit einfacher Signatur (=Namenszug) und bei Einreichung durch Mitarbeiter oder Vertreter (ohne Zusätze wie i.A., i.V., pro abs., etc.) mit zusätzlicher qualifizierter elektronischer Signatur den Schriftsatz unterzeichnet (signiert).

Bereits am 08.04.2019 hat das OLG Braunschweig (11 U 146/18) entschieden, dass nur dann ohne qeS versendet werden kann, wenn die einfache Signatur (Namenszug des Rechtsanwalts) unter dem Schriftsatz mit dem Absender des Anwaltspostfachs identisch ist (§ 130a Abs. 3 ZPO).

Reicht ein Vertreter das Dokument ein, muss es zwingend mit einer qeS und der einfachen Signatur des Vertreters ohne weitere Zusätze wie i.A. versehen sein.

Das ArbG Lübeck (6 Ca 679/19) hat am 19.06.2019 klargestellt:

Rechtsanwalt darf beA-Karte samt PIN nicht an seinen Vertreter übergeben.

Hier hatte der Rechtsanwalt seiner Vertreterin seine beA-Karte nebst PIN übergeben. Die Vertreterin unterzeichnete den vom Rechtsanwalt vorbereiteten Schriftsatz mit „…in seiner Abwesenheit unterzeichnet von B, Rechtsanwältin“. Der Schriftsatz wurde sodann über den beA-Zugang des vertretenen Rechtsanwalts mittels dessen PIN ohne qeS von der vertretenden Rechtsanwältin an das Gericht übersandt. Auch hier bemängelte das Gericht, dass keine Identität zwischen dem Übersender (beA-Account des Vertretenen) und der einfach Signierenden (Vertreterin) bestanden habe.

Gravierender sei jedoch die Weitergabe der persönlichen beA-Karte des Rechtsanwalts samt PIN an eine andere Person. Daher sei zumindest bis zur Änderung der PIN der betroffene Rechtsanwalt wegen Kompromittierung seiner Karte nicht in der Lage, über seinen beA-Zugang auf sicherem Übermittlungsweg wirksam Schriftsätze einzureichen.

Fazit:

  1. Auch wenn der Anwalt selbst über sein beA versendet, ist es sinnvoll, den Schriftsatz mit einer qeS zu versehen.
  2. Der Vertreter muss immer mit qeS versenden und ohne Zusatz i.A., i.V., pro abs., etc.
  3. Der Rechtsanwalt darf seine beA-Karte keiner weiteren Person (Vertreter, Mitarbeiter etc.) aushändigen und hat seine PIN geheim zu halten (§ 26 RAVPV).

Es ist zu begrüßen, das Schleswig-Holstein als Vorreiter mit dem Elektronischen Rechtsverkehr zum 1. Januar 2020 aktiv startet und wir wünschen allen Beteiligten gutes Gelingen.

Haftungsfalle: Rechtsanwalt darf beA-Karte nebst PIN nicht an Vertreter geben

Fallstricke des elektronischen Rechtsverkehrs:
beA und die Urlaubsvertretung

Rechtsanwalt darf beA-Karte nebst PIN nicht an Vertreter geben

Das Arbeitsgericht Lübeck hat jetzt bereits zum zweiten Mal einen wichtigen Hinweis zur aktiven Nutzung des Anwaltspostfachs beA erteilt:

Mit Entscheidung vom 19. Juni 2019 – 6 Ca 679/19 – weist das Arbeitsgericht Lübeck auf Folgendes hin:

Übergibt der vertretene Rechtsanwalt seinem Vertreter für die Vertretungszeit seine beA-Karte und seine PIN (Geheimzahl), spricht viel dafür, dass die Einreichung eines Schriftsatzes durch den Vertreter über beA mittels beA-Karte und PIN des Vertretenen unwirksam ist.

Der Beklagtenvertreter bereitete, auf die vom Gericht gesetzte Schriftsatzfrist hin, einen Schriftsatz vor. Dieser endete aufgrund der Abwesenheit des Rechtsanwalts mit: „… (in seiner Abwesenheit unterzeichnet von B, Rechtsanwältin)“. Der Schriftsatz wurde sodann über den beA-Zugang des vertretenen Rechtsanwalts mittels dessen PIN– also nicht über eine Mitarbeiter-Karte – ohne qualifizierte Signatur von der vertretenden Rechtsanwältin an das Gericht übersandt.

Eine zulässige elektronische Übermittlung von Schriftsätzen kann gemäß § 46 c Absatz 3 Arbeitsgerichtsgesetz (entspricht § 130 a Absatz 3 Zivilprozessordnung) im Arbeitsgerichts- und Zivilprozess über eine qualifizierte Signatur oder über einen sicheren Übermittlungsweg (unter anderem beA für Rechtsanwälte mit deren beA-Karte) und einfacher Signatur (bloße Namenswiedergabe) erfolgen. Im Fall vor dem Arbeitsgericht krankte die Übersendung schon daran, dass keine Identität zwischen dem Übersender (beA-Account des Vertretenen) und der einfach Signierenden (Vertreterin) bestand. Gravierender ist allerdings die Weitergabe der persönlichen beA-Karte des Rechtsanwalts samt PIN an eine andere Person. Für die Unzulässigkeit dieser Vorgehensweise und damit einhergehend für die Unwirksamkeit des gerichtlichen Eingangs eines auf diese Weise elektronisch übermittelten Schriftsatzes sprechen nach Auffassung des Arbeitsgerichts Lübeck Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung – Sicherstellung der Identität des Einreichenden -, die Gesetzesentwurfsbegründung und die Pflichten des Rechtsanwalts aus der Verordnung über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer. Danach darf das Recht, nicht qualifiziert elektronisch signierte Dokumente überbeA zu versenden, nicht auf Dritte übertragen werden. Überdies ist die dem Zertifikat zugehörige PIN geheim zu halten.

Die über den einzelnen Schriftsatz hinausgehende Konsequenz eines solchen Vorgehens ist nach Auffassung des Arbeitsgerichts Lübeck erheblich: Zumindest bis zur Änderung der PIN ist der betroffene Rechtsanwalt wegen Kompromittierung seiner Karte nicht in der Lage, über seinen beA-Zugang auf sicherem Übermittlungsweg wirksam Schriftsätze einzureichen.

Der Hinweis des Gerichts ist nicht rechtsmittelfähig. Der Rechtsstreit ist noch nicht abgeschlossen.

Bereits am 10. Oktober 2018 – 6 Ca 2050/18 – erteilte das Arbeitsgericht Lübeck folgenden Hinweis:

Reicht ein Rechtsanwalt über beA eine (Kündigungsschutz-)Klage bei Gericht ein, muss er bestimmte Formerfordernisse erfüllen. Enthält die Klage den Namenszug eines Rechtsanwalts (einfache Signatur) und übermittelt ein anderer Rechtsanwalt über seinen beA-Zugang die Klage, ohne sie eigens qualifiziert zu signieren, so ist die Klage nicht wirksam bei Gericht eingegangen.

Das beA eröffnet unter anderem einen sicheren Übermittlungsweg im Sinne von § 130a Abs. 4 Nr.2 ZPO, § 46c Abs. 4 Nr. 2 ArbGG zur Übersendung von Schriftsätzen an Gerichte auf digitalem Wege. Die bei Einreichung auf herkömmlichen Wegen erforderliche eigenhändige Unterschrift und physische Übergabe wird in der digitalen Welt durch zwei Möglichkeiten ersetzt: Zum einen die qualifizierte Signatur der verantwortenden Person, die elektronisch an der Schriftsatzdatei angebracht wird. Zum anderen die Einreichung über einen sicheren Übermittlungsweg (z.B. beA) und die einfache Signatur der verantwortenden Person am Ende der Schriftsatzdatei. Unbenommen bleibt Rechtsanwälten des Weiteren die Kombination beider Möglichkeiten, nämlich (bestimmende) Schriftsätze über beA einzureichen und zusätzlich qualifiziert zu signieren. Eine Besonderheit des beA ist, dass der Übertragungsweg personengebunden ist, das heißt, auch in einer Rechtsanwaltskanzlei mit mehreren Anwälten hat jeder Anwalt sein eigenes beA. Es gibt kein „Kanzlei-beA“.

Das Arbeitsgericht hat nun darauf hingewiesen, dass einfache Signatur und Übermittlung des Schriftsatzes per beA Personenidentität erfordern, das heißt, im Schriftsatz muss sich am Ende der Namenszug des über beA übermittelnden Anwalts befinden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der übermittelnde Rechtsanwalt nicht zusätzlich qualifiziert signiert. Nur so kann hinreichend sichergestellt werden, dass die verantwortende und absendende Person identisch ist. Konsequenz einer solchermaßen unzulässig eingereichten Kündigungsschutzklage kann, wenn rechtzeitige Korrektur nicht mehr erfolgt, die endgültige Rechtswirksamkeit der mit der beabsichtigten Klage angegriffenen Arbeitgeberkündigung des Arbeitsverhältnisses sein (§ 7 KSchG). Die beabsichtigte Klage wäre dann aufgrund Zeitablaufs ohne Aussicht auf Erfolg.

Wie bestelle ich einen Vertreter?

Zunächst muss die Entscheidung getroffen werden, ob der Vertreter gem. § 53 BRAO bestellt werden soll. Dazu kann nach Absatz 2 Satz 2 der Vertreter für alle Verhinderungsfälle, die während eines Kalenderjahres eintreten können, bestellt werden. Er wird dann von der RAK automatisch im beA des Vertretenen eingetragen. Diese Vertretung ist öffentlich im Bundesweiten Amtlichen Rechtsanwaltsregister ersichtlich:

Dann sieht der Vertreter beim Einloggen in sein beA sein eigenes beA und das beA desjenigen, den er vertritt.

Einzelanwälte sollten sich Gedanken machen, wie die Vertretung im Fall von geplanten (Urlaub) und ungeplanten (Krankheit etc.) Abwesenheiten geregelt werden soll.

Es besteht auch die Möglichkeit, für einen bestimmten Zeitraum Rechte zu vergeben. Wird der Vertreter dauerhaft im beA eingetragen, sind sämtliche Nachrichten (je nach Rechtevergabe) für den Vertreter ersichtlich, eine Beschränkung auf bestimmte Nachrichten ist nicht möglich.

Rechtsanwälte in Berufsausübungsgemeinschaften regeln meistens die Vertretung intern, es können auch mehrere Vertreter im beA eingetragen werden.

Um einen Vertreter im beA einzutragen, loggt sich der Anwalt mit seiner beA-Karte ein. Danach auf

  • Einstellungen
  • Postfachverwaltung
  • Benutzerverwaltung

gehen. In der Benutzerverwaltung das Feld „Suche“ anklicken und dann auf „Benutzer mit Postfach“. Je nach Häufigkeit des Namens sucht man am einfachsten nach dem Vor- und Nachnamen, ggf. auch Eingrenzung durch die PLZ. beA zeigt dann die entsprechenden Kollegen an und man wählt den richtigen Namen durch Klick auf den Namen aus und geht dann oben auf den Button „Als Mitarbeiter zuordnen“. Das System vergibt automatisch Recht 01. Die weiteren Rechte vergibt man mit dem Button „Rechte-Zuordnungen eines Benutzers verwalten“. Achten Sie darauf, dass der Vertreter immer das Recht 04 – Nachricht signieren, das Recht 13 – EBs signieren und 15 – EBs zurückweisen erhält. Legen Sie darüber hinaus Regeln fest, wie mit Nachrichten, die als (persönlich/vertraulich) von der RAK kommen, umgegangen werden soll. Dazu gehören dann Recht 16 EBs signieren (persönlich/vertrauliche Nachrichten) und Recht 17 EBs versenden (persönlich/vertrauliche Nachrichten). Je nachdem, ob mit oder ohne Mitarbeiter gearbeitet wird, sollten dem Vertreter weitere Rechte eingeräumt werden.

Wie kann der Vertreter wirksam einreichen?

Der Vertreter unterzeichnet den Schriftsatz / die Klage in voller Verantwortung, ohne Zusätze wie i.A., i.V., pro abs., oder „in seiner Abwesenheit unterzeichnet von“.

Dazu wird das Dokument mit dem Namenszug des Vertreters (einfache Signatur) versehen.

1. Digitale Unterschrift im beA

Zusätzlich signiert der Vertreter mit seiner eigenen beA-Signaturkarte qualifiziert elektronisch (mit Eingabe der eigenen PIN). Da die qualifizierte elektronische Signatur (qeS) im beA als separates Dokument angehängt wird, ist auf dem Schriftsatz nicht ohne weiteres ersichtlich, dass das Dokument mit einer qeS versehen ist. Es kann daher z.B. der Vermerk „Qualifiziert elektronisch unterzeichnet durch Max Mustermann, Rechtsanwalt“ hinzugefügt werden. Damit ist zum einen das Erfordernis der einfachen Signatur erfüllt und zum anderen deutlich gemacht, dass das Dokument mit einer qeS versehen ist.
Es ist weder sinnvoll noch erforderlich, das Dokument handschriftlich zu unterschreiben und einzuscannen!

Alternative:

2. Digitale Unterschrift extern

Zusätzlich signiert der Vertreter mit seiner eigenen beA-Signaturkarte oder einer anderweitigen, gültigen, Signaturkarte qualifiziert elektronisch (mit Eingabe der eigenen PIN) mit einem externen Signaturprogramm, z.B. secsigner.

Das hat den Vorteil, dass der Vertreter unabhängig vom beA des Vertretenen qualifiziert elektronisch signieren kann.

Der Mitarbeiter kann dann das bereits mit einer qeS signierte Dokument mit seiner beA-Mitarbeiterkarte ins beA das Vertretenen hochladen und versenden.

3. Einreichung

Im Idealfall wird das Dokument über das beA des Vertretenen eingereicht, sinnvollerweise durch einen Mitarbeiter mit dessen beA-Mitarbeiterkarte. Das hat den Vorteil, dass die weitere Korrespondenz vom Gericht auch in das beA des Vertretenen eingeht und die Organisation erleichtert wird.

Bitte beachten:

Der Rechtsanwalt behält immer seine beA-Karte.

Er darf diese Karte und seine PIN keinem Dritten, sei es Mitarbeiter oder Vertreter, überlassen.

(§ 26 RAVPV).

Der Vertreter nutzt immer seine eigene beA-Karte. Der Mitarbeiter nutzt immer seine beA-Mitarbeiterkarte.