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Blick hinter die Kulissen: Wie kommen beA-Nachrichten bei Gericht an?

Ein Blick hinter die Kulissen:

Wie kommen beA-Nachrichten bei Gericht an?

1. Arbeitsplatz der Richter in Rheinland-Pfalz

Das neue Gebäude des Justizzentrums Bad Kreuznach liegt außerhalb im Gewerbegebiet und ist gut erreichbar. Bei tropischen Temperaturen müssen Richter und Mitarbeiter ohne Klimaanlage ihren Dienst verrichten, Ventilatoren und Verdunklung passen nicht zum modernen, barrierefreien Gebäude.

Wir durften einen Blick hinter die Kulissen werfen:

Die Direktorin des Amtsgerichts Bad Kreuznach, Brigitte Hill, gab uns einen Einblick in ihr Arbeitszimmer:

Der Schreibtisch ist höhenverstellbar, so dass man auch im Stehen arbeiten kann. Es gibt zwei Bildschirme, davon einen Touch-Screen, der sich beliebig in Stellung bringen lässt. In Rheinland-Pfalz arbeitet man mit der Fachsoftware ForumStar. Die Oberfläche ist modern und vergleichbar mit einer Anwaltssoftware. Als Kartenlesegerät ist der Reiner CyberJack Komfort im Einsatz.

Alle Eingänge werden im Posteingangsbereich, der sich beim Landgericht befindet, eingescannt. Dabei gilt das 4-Augen-Prinzip. Die Papiere werden nach sechs Monaten vernichtet, Urkunden an den Absender zurückgegeben. Da in Bad Kreuznach seit 3.12.2018 die elektronische Akte eingeführt wurde, wird jetzt das erste Mal vernichtet, auch dies geschieht im Scanbereich, der ein „Hochsicherheitsbereich“ ist. Der Richter kann die Eingänge elektronisch bearbeiten und verfügen.

Die Geschäftsstelle setzt elektronische Stempel und Bearbeitungsvermerke, so dass die Vermerke wie auf einer Papierakte angebracht werden können und sie haben einen großen Vorteil: Sie sind gut lesbar und sofort erkennbar. Leider muss man das Dokument öffnen, um zu sehen, was es enthält. Das ist bei eiligen Sachen nachteilig, da die Geschäftsstelle in der analogen Welt vorsortieren und Prioritäten setzen konnte. Elektronische Dokumente können zwar auch mit unterschiedlichen Prioritäten versehen werden, dennoch muss das Dokument immer geöffnet werden. Hier ist noch Entwicklungspotential beim Einscannen / Benennen vorhanden.

So sieht die weitere Zeitplanung zum Elektronischen Rechtsverkehr in Rheinland-Pfalz aus:

  • Von 2019 bis 2023 werden weitere Pilotierungen in anderen Verfahrensbereichen und flächendeckendes Ausrollen der eAkte erfolgen.
  • 1. Januar 2022: Unsere Kommunikation erfolgt überwiegend elektronisch.
    Behörden, Anwälte und Notare dürfen nicht mehr in Papier einreichen.
  • 1. Januar 2026: Spätestens jetzt wird die eAkte verpflichtend für alle Gerichte und Staatsanwaltschaften.

2. Arbeitsplatz in der Geschäftsstelle

Die Mitarbeiterinnen haben zwei Bildschirme und ebenfalls das Kartenlesegerät von Reiner CyberJack Komfort. Noch wird parallel analog und digital gearbeitet. Es gibt also immer noch reichlich „liegende Akten“ in den Regalen. Wenn Anwälte direkt über beA einreichen, erhält die Geschäftsstelle – sofern die Sache bereits ein Aktenzeichen hat – die Nachricht direkt auf den Bildschirm.

Es wurde bemängelt, dass viele Kanzleien noch nicht im Umgang mit dem beA geschult sind, denn von Gericht übersandte Empfangsbekenntnisse werden häufig übersehen oder nicht über beA zurückgesandt. (Daher erklären wir hier unter 3. die Handhabung von eEB).

Die Geschäftsstelle bittet darum, darauf zu achten ob ein eEB angefordert wurde. Des Weiteren sollen Dokumente so benannt werden, dass direkt erkennbar ist, welcher Inhalt enthalten ist. Anlagen sollen bitte immer mit K1, K2 etc. oder B1, B2 etc. und einer fortlaufenden Nummer bezeichnet werden.

Die Justiz hat sich intensiv auf die Herausforderungen des Elektronischen Rechtsverkehrs und der digitalen Akte vorbereitet:

  • Information: Ich kann mich rund um die Uhr jederzeit über die aktuellen Entwicklungen informieren.
  • Schulung: Ich erhalte rechtzeitig vor der Einführung der eAkte in meiner Behörde Angebote, um mich technisch und rechtlich auf die eAkte vorzubereiten.
  • Begleitung: Bei der Einführung der eAkte werde ich persönlich begleitet.

Wie sieht mein Arbeitsplatz in Zukunft aus:

  • Ich erhalte eine moderne, sichere und funktionale Arbeitsplatzausstattung.
  • Vertraute Fachanwendungen bleiben erhalten.
  • Daten muss man nicht mehr tragen und sie brauchen keinen Platz.
  • Die eAkte vereinfacht und beschleunigt meine Arbeitsabläufe.
  • Die Technik unterstützt mich beim strukturierten Arbeiten.

3. Handhabung bei elektronischen Empfangsbekenntnissen (eEB)

Erst beim Öffnen einer Nachricht erkennt man, ob ein Empfangsbekenntnis angefordert wurde:

Wenn man direkt beim Posteingang sehen will, ob ein eEB angefordert wurde, kann man dieses so einstellen, dass das System selbst die Nachrichten markiert: In unserem Beispiel sind die „golden“ markierten Eingänge vom 27. und 23.9.2019 mit eEB:

Um diese Einstellungen vorzunehmen, klickt man im Posteingang auf den Reiter „Sonstige Funktionen, Hervorhebung von Nachrichten“:

Man wählt

aus, vergibt einen Namen, z.B. eEB, wählt eine Farbe, z.B. „Golden“, fügt einen Filter hinzu

wählt als Filterkriterium „Nachrichten, die ein Empfangsbekenntnis erfordern“, Operator „gleich“, Wert „Ja“ und bestätigt mit dem kleinen Haken:

Dann werden alle Nachrichten, die mit eEB eingehen, automatisch farblich markiert, so dass sie nicht zu übersehen sind.

Gleichwohl gilt bei eEB die bisherige Handhabung: Maßgeblich für das Zustellungsdatum ist die Kenntnisnahme des Anwalts.

Nur der Anwalt bestimmt, wann er ein Schriftstück als zugestellt entgegennimmt und wann damit die Frist zu laufen beginnt.

Beim Button „Abgabe erstellen“ kann der Anwalt das Zustelldatum auswählen und das eEB abgeben:

Das System schlägt das Tagesdatum vor. Danach kann das eEB entweder durch den Anwalt versendet werden oder der Anwalt signiert mit qualifizierter elektronischer Signatur und der Mitarbeiter versendet das eEB.

Danach erscheint in den gesendeten Nachricht beim Öffnen der Nachricht der Hinweis:

Beim Klick auf „Anzeigen“ erscheint das Datum, an dem das eEB als zugestellt entgegen genommen wurde:

Achtung:

Schriftsatzfristen ohne eEB gelten mit Eingang im beA als zugegangen, unabhängig davon, wann und von wem sie zur Kenntnis genommen werden! Hier besteht jedoch in der Regel die Möglichkeit, die Frist verlängern zu lassen.

4. Anforderungen ab 1. Juli 2019

Ab Montag sind Dokumente nur noch als durchsuchbare PDF, und falls bildliche Darstellungen als PDF nicht verlustfrei wiedergegeben werden können, zusätzlich als TIFF, einzureichen.

In der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) vom 24. November 2017 wurden die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs festlegt und in § 2 der ERVV die Anforderungen an elektronische Dokumente definiert:

„Das elektronische Dokument ist in druckbarer, kopierbarer und, soweit technisch möglich, durchsuchbarer Form im Dateiformat PDF zu übermitteln. Wenn bildliche Darstellungen im Dateiformat PDF nicht verlustfrei wiedergegeben werden können, darf das elektronische Dokument zusätzlich im Dateiformat TIFF übermittelt werden. Die Dateiformate PDF und TIFF müssen den nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 bekanntgemachten Versionen entsprechen. Bis zum 30. Juni 2019 kann von der Übermittlung des elektronischen Dokuments in durchsuchbarer Form nach Satz 1 abgesehen werden.“

Die Schonfrist, die den Anwälten gewährt wurde, um sich organisatorisch auf diese Anforderungen einzustellen, ist damit vorbei. Hintergrund ist die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Barrierefreiheit des beA, damit auch Menschen mit Behinderungen in der Lage sind, das beA zu nutzen. Durchsuchbare PDF können dann als Texte vorgelesen werden und sind damit barrierefrei.

Wenn ein Dokument nicht in der geforderten Form erstellt werden kann, ist der Einschub „soweit technisch möglich“ wichtig, da nicht alle Dokumente, beispielsweise handschriftliche Aufzeichnungen oder Zeichnungen, als durchsuchbare PFD oder TIFF dargestellt werden können.

§ 130 a Abs. 6 ZPO enthält den Hinweis:

(6) „Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs und auf die geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.“

 Sofern glaubhaft gemacht wird, dass die Höchstgrenzen der Datenmenge (derzeit maximal 100 Dateien) und der Gesamtgröße der Dateien (derzeit maximal 60 MB) überschritten wird, könnten die Dateien als elektronische Dokumente bis 31. Dezember 2020 auch als DVD oder CD eingereicht werden. So wurde am 24. Juni eine Lastwagenladung mit 650.000 Seiten (geschätzte 3 Tonnen Papier) an die Vertreter von Daimler im Streit um das LKW-Kartell zugestellt. Aus „sachlichen Gründen“ hätten die Klägervertretung auf dem Ausdruck bestanden. Das hätte man in einem solchen Verfahren durchaus elektronisch lösen können, zumal der Aufwand der Digitalisierung im nachhinein deutlich höher ist.

Sprechende Dateinamen

2 Absatz 2 der ERVV gibt vor:

(2) „Der Dateiname soll den Inhalt des elektronischen Dokuments schlagwortartig umschreiben und bei der Übermittlung mehrerer elektronischer Dokumente eine logische Nummerierung enthalten.“

Jedes Bundesland formuliert in seiner Landesverordnung die Rahmenbedingungen für den elektronischen Rechtsverkehr. Prüfen Sie unter https://bea-abc.de/lexikon/landesverordnung/ welche Besonderheiten zu beachten sind.

Einig sind sich die Bundesländer, dass Schriftsatz und jede Anlage als separates Dokument hochgeladen werden sollen. Dabei sollen Schriftsatz und Anlagen fortlaufende Nummerierungen erhalten und die Anlagen, je nachdem, ob man Kläger oder Beklagten vertritt, mit K1, K2, B1, B2, etc. bezeichnet werden. Wichtig ist, dass die Datei nicht als „Schriftsatz an das AG Bad Kreuznach“ sondern als „Klage“ oder „Klageerwiderung“, „Terminsverlegungsantrag“ etc. bezeichnet wird. Dann kann das Gericht sofort erkennen, worum es geht und ggf. die Sache mit höherer Priorität versehen. Bitte keine Umlaute, Sonderzeichen oder ß verwenden, diese können vom System nicht verarbeitet werden und führen zu unlesbaren Dateinamen.

5. Update auf Version 2.2 im Juli 2019

In Kürze wird die Version 2.2 für beA bereitgestellt. Dann können die Anwaltssoftwarehersteller die beA-Schnittstelle so programmieren, dass die bislang noch vorhandenen Fehler beim Exportieren der Dateien beseitigt werden.

Freuen wir uns also auf ein beA, das immer besser wird.

Mein Tipp:

Nehmen Sie Kontakt mit Ihren Gerichten auf und klären Sie, wie dort der Ablauf vonstatten geht. Im Dialog geht alles besser.

Gutes Gelingen wünscht Ilona Cosack.

 

 

 

 

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