1.8.2022: Die große BRAO-Reform und das beA
Zum 1. August 2022 tritt die „große“ BRAO-Reform in Kraft
Welche Auswirkungen sind für das beA relevant?
Die Berufsausübungsgesellschaften (BAG) erhalten ab 1.8.2022 ein eigenes Gesellschaftspostfach. Dieses Gesellschaftspostfach wird es zusätzlich zu den eigenen beA der einzelnen Rechtsanwält:innen geben.
Die BAG werden im Bundesweiten Amtlichen Anwaltsverzeichnis (BRAV) nach ihrer Zulassung durch die regionale RAK einen eigenen Eintrag erhalten. Voraussetzung ist, dass die BAG bis zum 1.11.2022 einen Antrag stellt. Ausgenommen diejenigen BAG, die bereits als GmbH oder AG zugelassen sind. Kanzleien, die die persönliche Haftung nicht ausschließen (PartG, GbR), können sich freiwillig zulassen, um ein Gesellschaftspostfach zu erhalten (sofern die Nachteile nicht überwiegen).
Erst mit der Zulassung der BAG erhält diese eine eigene SAFE-ID mit der dann eine beA-Karte bestellt werden kann: https://zertifizierungsstelle.bnotk.de/signaturkartenbestellung/wizard/beA/info
Update auf Version 3.14
Mit der Version 3.14 hat die BRAK die Vorbereitungen für die BAG und die Gesellschaftspostfächer getroffen.
Im Sondernewsletter Nr. 09/2022 vom 26.07.2022 weist die BRAK ausführlich auf die Besonderheiten hin.
Es gibt zwei neue Rechte:
- Recht 30 – eEB mit VHN (vertrauenswürdiger Herkunftsnachweis) versenden
Die Berechtigten können mit diesem Recht im Namen der Postfachinhaber:in elektronische Empfangsbekenntnisse (eEB) auf einem sicheren Übermittlungsweg (beA) ohne eine qualifizierte elektronische Signatur versenden.
Das war bislang nicht möglich.
- Recht 31 – Nachricht mit VHN versenden
Die Berechtigten können mit diesem Recht im Namen der BAG Nachrichten auf einem sicheren Übermittlungsweg (beA) ohne eine qualifizierte elektronische Signatur versenden.
Außerdem werden drei Rollen neu eingeführt, die in der beA-Webanwendung an andere Benutzer:innen vergeben werden können.
Rollen sind die Zusammenfassung von mehreren Rechten.
Neu sind die Rollen Zustellungsbevollmächtigter, Vertretung und VHN-Berechtigter.
- Zustellungsbevollmächtigter
Von der Kanzleipflicht befreite Rechtsanwält:innen und BAG müssen gem. § 30 BRAO Zustellungsbevollmächtigte benennen und ihnen einen Zugang zum beA einräumen. Mit dieser Rolle werden automatisch folgende Rechte vergeben:
01 – Nachrichtenübersicht öffnen
03 – Nachricht erstellen
06 – Nachricht öffnen
14 – EBs versenden
15 – EBs zurückweisen
30 – EBs mit VHN versenden - Vertretung
Zur Erfüllung der Anforderungen des § 54 Abs. 2 BRAO (seit 1.8.2021) sollte jede/r Rechtsanwält:in eine Vertretung im eigenen beA eintragen. Diese Rolle besitzt automatisch die folgenden Rechte:
01 – Nachrichtenübersicht öffnen
03 – Nachricht erstellen
06 – Nachricht öffnen
14 – EBs versenden
15 – EBs zurückweisen
30 – EBs mit VHN versenden - VHN-Berechtigter
Diese Rolle ist für die vertretungsberechtigten anwaltlichen Mitglieder einer BAG, die für die BAG ohne qeS elektronische Dokumente versenden können. Diese Rolle besitzt automatisch die folgenden Rechte:
01 – Nachrichtenübersicht öffnen
03 – Nachricht erstellen
05 – Nachricht versenden
06 – Nachricht öffnen
13 – EBs signieren
14 – EBs versenden
15 – EBs zurückweisen
30 – EBs mit VHN versenden
31 – Nachricht mit VHN versenden
Achtung:
Wenn man mit der beA-Karte oder einem anderen Sicherheits-Token in der beA-Webanwendung an einem beA einer BAG angemeldet ist, wird für eine gesendete Nachricht kein sicherer Übermittlungsweg bestätigt. Deswegen müssen Schriftsätze und rücklaufende eEB vor dem Versand mit einer qeS signiert werden.
Die Rechtsprechung zeigt, dass immer wieder die elektronische Unterschrift (qeS) eine große Rolle bei den Wiedereinsetzungsanträgen spielt.
Warum also kompliziert, wenn es auch einfach geht?
Wer möchte sich im Kanzleialltag damit befassen, ob sie/er jetzt mit oder ohne qeS signieren muss?
Und welche Ausnahmen von der Regel gelten?
Immer noch weigern sich viele Anwält:innen, sich mit dem beA und den Besonderheiten zu befassen.
An dieser Stelle daher m.E. die beste Lösung:
Signieren Sie mit der einfachen Signatur (Ihrem Namen) und setzen Sie zusätzlich eine qeS (PIN-Eingabe auf dem Lesegerät) ein.
Dann sind Sie immer auf der sicheren Seite, egal, ob eine qeS erforderlich ist oder nicht. Und dann können die Mitarbeitenden auch mit ihrer Mitarbeiterkarte die Nachrichten senden und danach exportieren.
Tipp:
Überprüfen Sie als BAG Ihren Workflow.
Zukünftig werden (hoffentlich) die Eingänge im Gesellschaftspostfach zunehmen. Wollen Sie für mehrere Standorte zusätzliche Gesellschaftspostfächer erhalten? Das ist möglich und kann beim Zulassungsantrag angekreuzt werden. Wer ist zukünftig für die Fristennotierung zuständig und verantwortlich? Wer soll mit welchen Rollen aus dem Gesellschaftspostfach senden?
Das IWW-Institut führt am 18.08.2022 einen Online-Workshop zu all Ihren Fragen zum Gesellschaftspostfach durch:
https://www.bea-workshop.de/programm
Melden Sie sich gerne an und stellen vorab Ihre Fragen!