Änderungen beim besonderen elektronischen Anwaltspostfach beA ab 2020

Änderungen beim besonderen elektronischen Anwaltspostfach beA ab 2020

A) Betreiberwechsel

Zum 1.1.2020 übernehmen „Wesroc“ den Betrieb, Support und die Weiterentwicklung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs beA.

Die BRAK hat im Newsletter 35/2019 vom 12.12.2019 angekündigt:
„Der Wechsel von der bisherigen Betreiberin des beA-Systems auf die neue Vertragspartnerin der BRAK wird nicht zum Stichtag 1.1.2020 stattfinden. Die BRAK hat mit der Beauftragung der neuen Dienstleisterin eine Übergangsphase vereinbart, in der die alte Betreiberin den Betrieb noch so lange fortführt, bis die neue Betreiberin ihre Systeme soweit aufgebaut hat, dass eine risikofreie Übernahme des Echtbetriebs erfolgen kann. Der genaue Zeitpunkt, wann das geschehen wird, steht derzeit noch nicht fest. Voraussichtlich wird der Übergang im zweiten Quartal des Jahres 2020 stattfinden. Wir werden darüber und über mögliche temporäre Nichterreichbarkeiten rechtzeitig im beA-Newsletter sowie auf der beA-Website unter „Aktuelle Meldungen“ informieren.“

Es wird daher zum Jahresbeginn 2020 keine gravierenden Änderungen geben.

B) Neue beA-Version 2.3.4

Mitte Januar 2020 wird eine neue beA-Version 2.3.4.xx veröffentlicht. Mit dieser Version wird die aktuelle Version von MacOS unterstützt, darüber hinaus werden bekannte Fehler abgestellt, neue Funktionen sind nicht vorgesehen.

C) Aktive Nutzungspflicht ab 2020

Schleswig-Holstein zieht als erstes Bundesland die aktive Nutzungspflicht für den Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit vor. Lesen Sie ausführlich hierzu meinen Blogbeitrag aus November 2019.

Für die anderen Bundesländer werden verschiedene Änderungen eintreten. Lesen Sie hierzu meinen Artikel beA – Die Schonzeit ist vorbei, der beim IWW-Institut in AK Anwalt und Kanzlei, Ausgabe 1/2020, veröffentlicht ist.

D) Digitalisierung

Aus unterschiedlichen Gesprächen mit Rechtsanwälten und Mitarbeitern ist mir bekannt, dass in vielen Kanzleien mit der Digitalisierung in der Anwaltskanzlei noch nicht begonnen wurde oder diese nur in Teilbereichen stattfindet. Um hier eine praktische Hilfestellung zu geben, ist im Deutschen Anwaltverlag soeben mein neues Buch Digitalisierung erfolgreich umsetzen – Ein Leitfaden für jede Anwaltskanzlei erschienen. Mit Kanzleien aller Größenordnungen habe ich Interviews geführt und hinterfragt, wie weit dort die Digitalisierung fortgeschritten ist und welche Tipps man Kollegen mit auf den Weg geben kann, wenn man noch einmal die Chance hätte, diesen Weg neu zu beschreiten. Aus verschiedenen Perspektiven habe ich sehr interessante Antworten erhalten. Eine Leseprobe und einige Statements meiner Interviewpartner finden Sie hier: https://digitalisierung-anwaltskanzlei.de/

Einer meiner Interviewpartner, Rechtsanwalt Professor Stephan Ory, betont die Notwendigkeit, die digitalen Herausforderungen anzunehmen, um im Anwaltsberuf wettbewerbsfähig zu bleiben: „Allerdings halte ich die Digitalisierung einer Kanzlei für die Basis der Überlebensstrategie.“

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich ein gutes und erfolgreiches Jahr 2020.

Denken Sie daran, dass in 731 Tagen in jedem Fall bundesweit die aktive Nutzungspflicht beginnt, es aber durchaus sein kann, dass weitere Bundesländer bereits zum 1.1.2021, also in 366 Tagen, diese Pflicht vorziehen.

Bahn frei für die digitale Post: Interview mit Richter Dr. Henning Müller

Bahn frei für die digitale Post

Stichtag 1. Januar 2018:

Was die Elektromobilität für die Autobranche, ist der Elektronische Rechtsverkehr (ERV) für die Gerichtspost: Nahe Zukunft – Und die Zeit wird knapp.

Interview mit Richter am LSG Dr. Henning Müller*

Richter am LSG Dr. Henning Müller

*Dr. Henning Müller ist Richter am Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt und als Präsidialrichter für IT und Organisation zuständig. Er betreibt den Blog ervjustiz.de und ist unter anderem Autor des eJustice – Praxishandbuchs.

Ilona Cosack hat Dr. Müller im Landessozialgericht getroffen und die neue Kommunikation mit dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach beA aus Sicht der Justiz hinterfragt.

170821 beA – Interview mit Richter Dr. Henning Müller

Ilona Cosack:

Herr Dr. Müller, Hessen ist neben Berlin, Brandenburg, Bremen und Sachsen eines von fünf Bundesländern, das mit dem ERV schon vor vielen Jahren mit dem Vorgänger des beA, dem Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP), begonnen und Erfahrungen gesammelt hat.

Dr. Henning Müller:

Ja, seit 2007 ist die Justiz in Hessen in der Lage, elektronische Dokumente zu empfangen, seit 2012 auch zu versenden. Die hessischen Sozialgerichte waren hierbei Vorreiter.  2015 kamen auch die Verwaltungs- und Finanzgerichte dazu. Das Landesarbeitsgericht übernahm die Funktion eines Pilotgerichts für die Arbeitsgerichtsbarkeit in Hessen.

Ilona Cosack:

Ich sehe, dass Sie trotz einer beeindruckenden Technik (Anmerkung: zwei Monitore, einer hochkant ausgerichtet, zusätzliches Laptop und weiteres Tablet, großer Monitor für Konferenzen) auch noch Papierakten führen.

Dr. Henning Müller:

Seit 2014 führen wir eine digitale Doppelakte, noch ist die Papierakte führend. Die elektronische Akte bietet gerade für Richter, die lange Anfahrtswege haben oder für junge Richterinnen einen gravierenden Vorteil. Jeder Richter kann mit einem Boot-Stick auf sein richterliches Dezernat zugreifen ohne eine Papierakte zu benötigen. Diese flexible Arbeitsweise erleichtert den Arbeitsalltag sehr.

Ilona Cosack:

In den Sitzungssälen gibt es schon Touchscreen-Technik, hier kann der Richter mit den Parteien die Vorteile der elektronischen Akte nutzen und sich z.B. die Unterschrift eines Beteiligten auf dem Screen ansehen. Ein mobiler Riesenmonitor kann nach Bedarf in die einzelnen Sitzungssäle gefahren werden. Das klingt nach Zukunft, die bei Ihnen schon heute Gegenwart ist. Wo gibt es denn noch Baustellen, die für einen reibungslosen Ablauf beseitigt werden müssen?

Dr. Henning Müller:

Noch ist die Hardware nicht überall eingebunden. Die landesweiten Dienstleister setzen hier mehr auf Standardisierung, als auf die spezifischen Anforderungen der Sozialgerichtsbarkeit. Die hausinterne IT-Stelle des Landessozialgerichts hat daher eine Mammutaufgabe zu bewältigen. Derzeit sind auch die hausinternen Leitungsnetze überfordert. Auch Mobilfunkanbindungen sind nicht überall eine Lösung, beispielsweise gibt es beim Sozialgericht in Fulda einen sehr schlechten Empfang.

Ilona Cosack:

Ja, schlechte Internetgeschwindigkeit ist ein großes Handicap. Auch in der Innenstadt von Hessens Landeshauptstadt Wiesbaden habe ich erlebt, dass der Up- und Download den von der BRAK als Minimum angenommenen Wert von 2 M/bit pro Sekunde nicht immer erreicht.

Dr. Henning Müller:

Neben der Technik ist es wichtig, dass die IT-Kompetenz nicht zu sehr zentralisiert wird und in den einzelnen Geschäftsbereichen IT-Kompetenz vorhanden bleibt, um die fachspezifischen Anforderungen besser und flexibler abbilden zu können. Landesweite Software wird teilweise zu teuer eingekauft. Die Kosten für die Einführung elektronischer Akten sind dadurch immens.

Ilona Cosack:

Herr Dr. Müller, Ihr Buch eJustice – Praxishandbuch: Ein Kompendium zum beA, EGVP und zur eAkte für Rechtsanwälte, Behörden und Gerichtewar das erste aktuelle Buch, das nach dem Start des beA am 28.11.2016 Anfang Januar 2017 erschienen ist. Es ist in der Tat ein Praxishandbuch auch für Rechtsanwälte, alles wird anschaulich erklärt und auf den Punkt gebracht. Nun gibt es das Buch zeitgemäß auch als eBook und schon in einer 2. Auflage. Mit Ihrem Blog ervjustiz.de informieren Sie aktuell über die neuesten Informationen, z.B. darüber, dass das Sozialgericht Berlin Rechtsanwälte zur Teilnehme am elektronischen Rechtsverkehr aufruft.

Dr. Henning Müller:

Leider ist die Teilnahmebereitschaft bei der Anwaltschaft noch gering. Nur siebzig Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nutzen die sichere elektronische Kommunikation mit den hessischen Sozialgerichten. Beide Seiten, Justiz und Anwaltschaft müssen Erfahrungen sammeln, damit die Vorteile des ERV greifen. Der Blog ist wie eine Loseblatt-Sammlung, alle Neuigkeiten können direkt aufgegriffen und veröffentlicht werden.

Ilona Cosack:

Welche Wünsche haben Sie an die Anwaltschaft, damit die Kommunikation zwischen Justiz und Rechtsanwälten mit dem beA gut gelingt?

Dr. Henning Müller:

Die Justiz freut sich über klare, strukturierte Information. Trennen Sie z.B. Klage und PKH-Antrag. Senden Sie keine Office-Dateien. Achten Sie auf eine gute Scanqualität bei möglichst geringen Dateigrößen und vor allem auf einen aktiven Virenschutz.

Ilona Cosack:

Herr Dr. Müller, besten Dank für unser Gespräch. Es ist wichtig, auch aus der Sicht der Justiz den ERV zu beleuchten, damit die digitale Kommunikation auf beiden Seiten in Fahrt kommt.

 

 

 

 

Literatur zum Anwaltspostfach beA

Bei beA-abc.de gibt es jetzt neu eine Seite mit Literatur zum beA

Der Deutsche AnwaltVerlag hat schon vor dem beA-Start den Werdegang des beA und des Elektronischen Rechtsverkehrs mit kostenlosen E-Broschüren begleitet.

Hier finden Sie die aktuelle E-Broschüre.

Im IWW Institut ist die Sonderausgabe „Das beA in der Praxis“ – Fit für den elektronischen Rechtsverkehr erschienen.

Die BRAK veröffentlicht wöchentliche Newsletter zum beA, hier finden Sie den Link dazu.

Im Januar 2017 sind verschiedene Bücher zum beA erschienen.

Demnächst können Sie auf der Literatur-Seite die Rezensionen zu den Büchern lesen.